Mit dem technologischen Wandel von mechanischen Systemen, hin zu mechatronischen und heute Intelligenten Technischen Systemen (kurz ITS) erfährt unser Alltag viele Veränderungen. Durch den Einsatz von leistungsfähigen Steuerungen in Kombination mit modernsten Kommunikationstechnologien wie z.B. NFC, WLAN und 5G können Systeme Daten schneller verarbeiten und austauschen denn je. Dabei bilden die einzelnen Systeme häufig temporäre Gruppierungen, die nach dem Ansatz des Systemdenkens selbst wiederum Systeme sind, sog. „System of Systems“ (kurz SoS). Diese SoS bieten dabei neue Fähigkeiten, die kein Teilsystem innerhalb des SoS allein hat. Als Beispiel kann hier das Lufttransportsystem genannt werden, welches aus Flughäfen, Flugzeugen, Lotsensystemen, etc. besteht. Erst durch die gemeinsame Interaktion der einzelnen Teilsysteme können Personen und Transportgüter schnell und sicher von A nach B befördert werden.
Engineering von SoS – eine Herausforderung
Die Entwicklung von „einfachen“ ITS ist ein hochaktuelles Thema in Forschung und Industrie. Methoden wie das Systems Engineering sollen die unterschiedlichen Fachdisziplinen in der Entwicklung besser Koordinieren und ein gemeinsames Systemverständnis schaffen – und das, obwohl verschiedene Teilsysteme häufig zu unterschiedlichen Zeitpunkten von unterschiedlichen Unternehmen entwickelt werden. Ansätze wie das V-Modell werden oft in der Industrie angewendet, stoßen aber bei der Entwicklung von SoS auf Hindernisse. Ein SoS in seiner Evolution ist dabei niemals final. Durch die unterschiedlichen Systeme innerhalb des SoS und ihrer Variation an Anzahl und Systemeigenschaften ändern sich stetig das Verhalten und die Anforderungen eines SoS. Im Rückschluss bringen diese Veränderungen wieder neue Anforderungen an die Entwicklung neuer einzelner Systeme – ein stetiges Wechselspiel.
Typen von System of Systems
Nach Dahmann können SoS folgenden Typen zugeordnet werden:
- gezielte SoS: Das SoS wurde gezielt für einen definierten Zweck entwickelt. Die einzelnen Systeme können unabhängig voneinander agieren, werden aber so verwaltet, dass sie gemeinsam einen bestimmten Zweck erfüllen. Ein Beispiel ist das oben bereits genannte Lufttransportsystem.
- kollaborative SoS: Die einzelnen Systeme beteiligen sich freiwillig an einer Zusammenarbeit. Sie sind nicht gezwungen, einem zentralen Systemmanagement zu folgen, sondern handeln kollaborativ, um ein Ziel zu erreichen. Das Beste Beispiel hierfür ist das Internet.
- anerkannte SoS: Das SoS erkennt einen gemeinsamen Zweck und ein gemeinsames Ziel an. Die einzelnen Systeme behalten jedoch ihre Unabhängigkeit in Bezug auf ihre individuelle Kontrolle und Ziele. Die Entwicklung des gemeinsamen Zwecks basiert auf Zusammenarbeit. Ein Beispiel ist die Smart City mit ihren Bestandteilen.
- virtuelle SoS: Das SoS hat kein übergeordnetes zentrales Systemmanagement. Das Verhalten und seine erfüllten Ziele sind in hohem Maße emergent. Die genauen Verfahren und Strukturen, welche die Systemfunktionalität erzeugen, sind schwer zu erkennen und zu unterscheiden . Ein Beispiel könnte eine smarte Kreuzung der Zukunft sein, bei der autonome Fahrzeuge untereinander virtuell aushandeln, wie der Verkehr fließt.
Pain Points von System of Systems
Forschung und Industrie stoßen bei der Entwicklung von SoS auf eine Vielzahl offener Punkte und Fragestellungen, sog. „Pain Points“ (zu Deutsch: Schmerzpunkte). Neben zukünftigen effektiven und effizienten Methoden und Werkzeugen sind auch die notwendigen Qualifikationen von Entwicklern*innen für SoS unklar.
Wenn Sie sich näher mit der wissenschaftlichen Betrachtung von SoS auseinandersetzen wollen finden sie detailliertere Informationen zu den verschiedenen Arten von SoS hier: Dahmann, Judith S. „Systems of systems characterization and types.“ Systems of Systems Engineering for NATO Defence Applications (STO-EN-SCI-276) (2015): 1-14.