Prototyp 3D-Engineer ermöglicht eine spielerische Erhebung von Wissen für die Ermittlung von Anwendungs- und Schadensfällen in der frühen Phase der Konzeptentwicklung

Letzte Woche durften wir euch schon einmal die Basics des CONSENS 3D-Modellierungsverfahren vorstellen. Falls ihr den Artikel noch nicht gelesen habt, schaut da gerne nochmal vorbei! Diese Woche dreht sich alles um den Prototyp „3D-Engineer“.  Hier wurde das Modellierungsverfahren direkt umgesetzt und ausgetestet. Als konkreten Anwendungsfall nutzten die Forschenden ein Beispiel aus der Automobilindustrie – das sogenannte „Platooning“.

Was ist Platooning?

Platooning bezeichnet ein Steuerungssystem für den Straßenverkehr, das es ermöglicht, mehrere Fahrzeuge mit geringem Abstand hintereinanderfahren zu lassen, ohne die Verkehrssicherheit zu beeinträchtigen. Im deutschen wird es auch als elektronische Deichsel bezeichnet.

Konstruktion einer 3D Umgebung

Für die Konstruktion des Prototyps wurden die vier Prozessschritte des CONSENS 3D Modellierungsverfahrens verwendet. Nach der Bestimmung des konkreten Anwendungsfalls begann die Analysephase. Um die Situation genauer darzustellen, musste im ersten Schritt eine 3D Umgebung erstellt werden. Für den Anwendungsfall Platooning wählten die Forschenden den Umgebungskontext einer Großstadt aus. Durch die Herstellung von Beziehungen zwischen Umgebungselementen und dem System, in diesem Fall einem Auto in der Fahrzeugkolonne, kann dieses dann andere Elemente, wie z. B. andere Autos, die Straße oder Hindernisse selbstständig erkennen.

Im Anschluss wurden User Stories erstellt. Das sind kurze Anforderungen, die in einer allgemeinen Sprache formuliert sind. Sie werden mit Umgebungselementen, dem allgemeinen System der 3D-Umgebung und miteinander verknüpft. Diese Verknüpfungen ermöglichen sogar eine automatische Generierung von Anforderungen!

Das System unter der Lupe

In der CONSENS 3D Synthesephase werden zunächst Systemfunktionen entworfen. In CONSENS werden diese durch eine „Subjekt+Verb-Kombination“ definiert. CONSENS 3D verknüpft die Subjekte einer Funktion zusätzlich mit 3D-Elementen. Für die Funktion „Hindernis erkennen“ wurde z. B. eine Verknüpfung von „Hindernis“ mit dem passenden 3D-Element erstellt. Auch hierarchische Beziehungen zwischen Funktionen sind wichtig. Die Funktion „Auto bremsen“ setzt z. B. die Funktion „Hindernis erkennen“ voraus.

Im Anschluss betrachtet man die Gestaltung der Systemkomponenten und ihrer Beziehungen zueinander. Für Platooning wurde z. B. eine Sensorkomponente zur Erkennung von Hindernissen benötigt. Eine Sicherheitseinheit musste außerdem die Sensordaten im Falle eines Angriffs von außen, durch Hacker bspw., auswerten. Daher besteht z. B. eine Informationsbeziehung zwischen der Sensorkomponente und der Sicherheitseinheit.

Abschließend wird die Gestaltung des Systemverhaltens unter Verwendung der 3D-Umgebung beleuchtet. Dabei kann das Systemverhalten sowohl auf der Ebene des Gesamtsystems und seiner Umgebung als auch auf der Ebene der Systemkomponenten modelliert werden.

Eine bedarfsorientierte Modellierung

Die Modellierung kann je nach Verhaltensschwerpunkt zustandsbasiert, aktivitätsbasiert und interaktionsbasiert erfolgen. Eine Interaktion beispielsweise ist eine Beziehung zwischen zwei 3D-Elementen. Wird ein Hindernis erkannt, sollte das Fahrzeug bremsen und andere Fahrzeuge warnen. Basierend auf den Prozessschritten der 3D-Synthesephase können dann auch SysML-Modelle abgeleitet werden.

Prototyp „3D-Engineer“.
Das Ergebnis

Mithilfe des CONSENS 3D Modellierungsverfahrens ist es möglich eine 3D Umgebung zu erstellen, in der auf spielerische Art und Weise wichtiges Domänenwissen für die Entwicklung erhoben werden kann. Am Beispiel Platooning lässt sich so z. B. feststellen, welchen Gefährdungen eine Fahrzeugkolonne in einer Großstadt ausgesetzt ist. Mithilfe der 3D Umgebung können sich Entwickler spielerisch in den jeweiligen Umgebungskontext versetzen und so besser aufdecken, welche Dinge in der Entwicklung eines Produkts beachtet werden müssen.

Der erste Aufwand ist zwar relativ hoch, aber der große Vorteil des CONSENS 3D-Modellierungsverfahrens ist, dass das Domänenwissen automatisch visualisiert wird. Das erspart den Stakeholdern einiges an Arbeit. Außerdem wird hier keine tiefergehende Kenntnis von SysML vorausgesetzt. So wird MBSE für Nutzer jeden Wissensstandes zugänglicher gemacht.

Bei weiterführendem Interesse kann das vollständige Paper hier abgerufen werden: https://www.researchgate.net/publication/342111092_METHOD_FOR_3D-ENVIRONMENT_DRIVEN_DOMAIN_KNOWLEDGE_ELICITATION_AND_SYSTEM_MODEL_GENERATION

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Autor*in des Beitrags: Fraunhofer IEM
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